Dieses neue Nadorst ist ganz im Sinne eines anwohnerfreundlichen, verkehrberuhigten und standort-attraktiven Klimas, das fast alles berücksichtigt - aber eben nur fast. Die Jury hat es bereits kritisch angemerkt, und sie wird in der nun folgenden öffentlichen Diskussion nicht die Einzige sein: Die Parkflächen an der Nadorster Straße fehlen in diesem neuen Entwurf fast vollständig. Die Begründung: in den rückwärtigen Flächen seien genügend Parkplätze vorhaben. Das wird für die zahlreichen Geschäfte und Unternehmen, die bisher bei ihren Kunden mit direkten Parkmöglichkeiten punkten konnten, kein überzeugendes Argument sein. Man darf gespannt sein, welche Reaktionen dieser Entwurf bei den lokalen Unternehmen auslösen wird. Auf den folgenden Seiten lesen Sie mehr über das Konzept.
UNTERE NADORSTER STRASSE:
VISIONEN, CHANCEN, FRAGEN - SO KÖNNTE ES AUSSEHEN
Zwei Büros aus Hannover gewinnen mit Gemeinschaftsarbeit Planungswettbewerb - Entwurf soll ausgestellt und erörtert werden
Die Nadorster Straße, eine der wichtigsten Oldenburger Hauptverkehrsadern, bekommt in den nächsten Jahren im zentrumsnahen Bereich zwischen Heiligengeiststraße und Lambertistraße ein neues Gesicht: Mit einem visionären Konzept, das über den „Standardstraßenbau“ selbstbewusst hinausgeht, haben die Büros „SHP Ingenieure“ und „nsp landschaftsarchitekten stadtplaner“ aus Hannover in einer Gemeinschaftsarbeit den ersten Preis im von der Stadt Oldenburg ausgelobten Planungswettbewerb für das Sanierungsgebiet „Untere Nadorster Straße“ gewonnen.
Oberbürgermeister Jürgen Krogmann und Stadtbaurat Dr. Sven Uhrhan stellten am Freitag, 17. Juli, das Ergebnis der Preisgerichtssitzung vom Vortag vor. „Das Konzept ist spannend. Es kann als innovativ und richtungsweisend bezeichnet werden“, sagte Krogmann. „Es sind aber auch noch offene Fragen zu klären und vor allem mit den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den Geschäftsleuten vor Ort Gespräche zur weiteren Entwicklung des Entwurfs zu führen“, betonte der Oberbürgermeister.
„Wenn diese offenen Fragen geklärt werden, kann die Nadorster Straße in Zukunft zu einem attraktiven und identitätsstiftenden Raum ausgebildet werden, der die verkehrlichen Belange und die Aufenthaltsqualität für die Nutzerinnen und Nutzer im Gebiet angemessen berücksichtigt“, erklärte Stadtbaurat Sven Uhrhan. Er sieht in dem Entwurf gute Chancen, um bauliche und gestalterische Mängel zu beseitigen und „eine Straße der kleinen Plätze“ zu entwickeln, um öffentliche Räume im Quartier zu schaffen.
Das aus externen Verkehrs- und Freiraumplanern, Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung, der Ratsfraktionen, des Sanierungsbeirates sowie weiteren Beraterinnen und Beratern bestehende Preisgericht hatte am Donnerstag, 16. Juli, unter Vorsitz des Essener Landschaftsarchitekten Friedhelm Terfrüchte getagt. Insgesamt waren im Anfang 2020 gestarteten „begrenzten verkehrs- und freiraumplanerischen Wettbewerb“ vier Entwürfe für die zukünftige Gestaltung des 12,5 Hektar großen Sanierungsgebietes eingereicht worden. Dabei galt es, den vom Rat der Stadt Oldenburg am 27. Mai 2019 beschlossenen Rahmenplan umzusetzen. Seit 2016 ist das Sanierungsgebiet „Untere Nadorster Straße“ Bestandteil des Städtebauförderungsprogramms des Landes Niedersachsen.
Das Preisgericht entschied nach intensiven Diskussionen einstimmig, der Gemeinschaftsarbeit der Büros „SHP Ingenieure“ und „nsp landschaftsarchitekten stadtplaner“ den mit 25.000 Euro dotierten ersten Preis zuzuerkennen. SHP-Geschäftsführer Dr.-Ing. Christian Adams und Landschaftsarchitektin Franziska Schadzek (Büro nsp) nahmen die Auszeichnung am Freitag entgegen. Der zweite Preis ging an die Gemeinschaftsarbeit der niederländischen Büros Roelofsgroep aus Den Ham und BDP aus Rotterdam. Den dritten Preis erhält die Gemeinschaftsarbeit der Büros Lohaus Carl Köhlmos und BPR aus Hannover.
Was zeichnet den Siegerentwurf aus?
Die erstplatzierte Arbeit sieht eine Teilung der Nadorster Straße in drei unterschiedliche Bereiche vor. Im nördlichen und südlichen Wettbewerbsgebiet wird ein „geschützter Radweg“ vorgeschlagen, während im zentralen Versorgungsbereich das Prinzip des „shared space“ verfolgt wird, bei dem der Fahrradverkehr, der motorisierte Individualverkehr und der Busverkehr die Fahrbahn gemeinsam nutzen. In diesem Bereich wird eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 20 km/h vorgeschlagen, was für die Akzeptanz der Zonierung sorgen und zudem dem Sicherheitsaspekt Rechnung tragen soll.
Für den zentralen Bereich wird nach Ansicht der Jury eine deutlich charakterbildende Raumqualität erreicht. Dies wird als ein Vorteil für die Gewerbetreibenden vor Ort gewertet. Die Jury sieht jedoch vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit den Wegfall der Stellplätze als kritisch. Es werden laut Entwurfsplanung zwar multifunktionale Flächen, die auch für Kurzzeitparken zur Verfügung stehen, angeboten. Dieses Angebot ist aber nach Auffassung der Jury noch zu erweitern und auszubauen. Auch Flächen für Fahrradstellplätze sollten in der weiteren Planung berücksichtigt werden.
Eine ausreichende Leistungsfähigkeit für den Kfz-Verkehr wird als möglich erachtet, ist aber im weiteren Verfahren noch konkreter nachzuweisen. So auch, ob die Struktur des mittleren Teils mit den (auch rechtlichen) Anforderungen einer Hauptverkehrsstraße in Übereinstimmung gebracht werden kann. Positiv ist anzumerken, dass an den Knotenpunkten die Abbiegestreifen erhalten geblieben sind.
Der Entwurf enthält eine lückenlose Führung des Radverkehrs. Die Anforderungen einer Hauptachse für Radfahrende sind damit gut erfüllt. Dieses Radverkehrskonzept lässt neben dem Leben in einem Quartier mit Nahversorgung und Aufenthaltsqualität die Möglichkeit zu, schnell und sicher in die Stadt geführt zu werden.
Das Stadtgrün wird im zentralen Versorgungsbereich angemessen eingesetzt, in den anderen Teilen ordnet sich die Freiraumgestaltung den verkehrlichen Anforderungen unter. Im südlichen Bereich ergibt sich die Qualität einer Alleebildung. Die Nadorster Straße gewinnt durch den Entwurfsvorschlag nach Einschätzung der Jury deutlich an Aufenthaltsqualität.
Wie geht es weiter?
Der Siegerentwurf soll in verschiedenen Gremien, wie dem Ausschuss für Stadtplanung und Bauen, dem Verkehrsausschuss und dem Sanierungsbeirat, erörtert werden. Die Planung zur Umgestaltung der Nadorster Straße soll in den kommenden Jahren vorangebracht werden. Der Förderzeitraum reicht bis Ende 2025.
Die Ergebnisse des Wettbewerbsverfahrens werden vom 3. August bis zum 28. August 2020 im Foyer des 2. Obergeschosses im Technischen Rathaus (Industriestraße 1 a) während der allgemeinen Öffnungszeiten ausgestellt. Sie sollen nach Möglichkeit im Anschluss und nach Abstimmung im Sanierungsbeirat auch in der Nadorster Straße gezeigt werden. Die Arbeiten werden darüber hinaus auf der Internetseite des Sanierungsgebietes (www.oldenburg.de/uns) veröffentlicht.