Die in letzter Zeit viel diskutierte Protected Bikelane in der Unteren Nadorster Straße ist nun beschlossene Sache und kommt, sobald es die Witterung zulässt...

Ein Umsetzungs- und Planungsdebakel mit Ansage.

So wurde es in der Verkehrsausschusssitzung am 12.12.2022 beschlossen. Der Wahnsinn nimmt also seinen Lauf. Die Parkplätze sind passé – 35.000 € sinnlos in den Sand gesetzt für ein fragwürdiges Experiment, denn das Ganze ist ein „Test“, der ziemlich sicher auf Kosten der ortsansässigen Geschäfte gehen wird.

Vorbemerkung / Disclaimer: „Die Nadorster“ sind ausdrücklich für die Rettung des Klimas, fahren selbst nicht selten Rad und freuen sich auf die Verschönerung und Sanierung der Unteren Nadorster Straße. Warum dieser Satz? Weil man das in der heutigen Zeit leider so deutlich schreiben muss, da sich bei den Themen Klima, Umwelt und Fahrradfahren die Gemüter mittlerweile so stark erhitzen, dass sogar schon Geschäftsleute in ihren eigenen Räumlichkeiten verbal und körperlich bedroht wurden.

Disclaimer 2: Hintergrund für das Engagement der Kaufmannschaft: Auf der zur Disposition stehenden Strecke haben aktuell (je nachdem, wie man zählen will) ca. 20-30 Kaufleute, Dienstleister und Gewerbetreibende ihre geschäftliche Heimat. Hier verdienen die Kaufleute ihr Brot und haben schlicht und einfach Sorge um ihre Existenz, wenn die Parkplätze fehlen. Jede*r möge sich einmal selbst fragen, ob das nicht eine berechtigte und nachvollziehbare Sorge ist. Hier geht es auch nicht um ein „für oder gegen den Klimaschutz“ oder das Gegeneinander „Kaufleute bzw. Autofahrer gegen Fahrradfahrer“ – hier geht es um Unternehmen mit Angestellten, die jeden Monat kämpfen, Steuern zahlen und ihren Beitrag zu einem lebenswerten Oldenburg leisten.

Doch lassen Sie uns noch einmal sachlich an die ganze Geschichte rangehen, denn sie ist eigentlich ganz einfach – sollte man denken.
Die Argumentation der Politik und Verwaltung lautet: Die Fahrradfahrer (und das Klima) sollen nun auf einem ca. 245 Meter kurzen Stück geschützt werden. So weit, so gut. Begeben wir uns auf die Straße: Konkret wird die Bikelane demnach an der Nadorster Straße 16 (also dort, wo jetzt noch die Parkplätze sind) ihren Anfang finden. Anmerkung der Redaktion für alle, die mitreden, aber nie dort waren: Davor, aus Richtung Gertrudenkapelle, ist sowohl der Rad- als auch der Fußweg gut zu befahren. Es gibt sehr viel schlechtere Wegstrecken in Oldenburg.

Ab dort werden nun provisorische „Huckelschwellen“ entlang der Fahrbahn auf dem Boden angebracht. Diese sollen das Überfahren (oder Parken) mit dem Auto (ob sich Lkw oder Busse davon beeindrucken lassen, ist eine andere Frage) unmöglich machen. Soweit die Idee. Der erste Stolperstein: Exakt an dieser Stelle befindet sich die erste Grundstückszufahrt, also eine erste Unterbrechung der Protected Bikelane. Hier muss gequert werden oder die Bikelane erst später beginnen (siehe Foto 1).

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(Foto 1 ↑)

Dann darf in die Pedale getreten werden – bis zur Hausnummer 22. Dort ist die nächste Querung/Einfahrt. Hier heißt es also wieder: Vorsicht!; natürlich seitens der Rad- als auch Autofahrer. An der 26 befindet sich dann die nächste Zufahrt. Hier wird es delikat, denn die Bikelane muss gequert werden, um einen speziellen Parkplatz für Menschen mit Beeinträchtigung erreichen zu können (siehe Foto 2). Man darf gespannt sein, ob das alles so miteinander harmoniert. Danach geht es weiter bis zur Hausnummer 28/30 – hier findet man eine Garageneinfahrt und eine Hinterhofzufahrt im Duett (siehe Foto 3). Bisher gibt es entlang der Nadorster Straße über den Rad- und Fußweg nichts, aber auch gar nicht zu meckern (siehe Foto 2).

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(Foto 2 ↑)

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(Foto 3 ↑)

Der erste Grund zur radfahrlichen Sorge, die erste wirkliche Unwägbarkeit, findet sich an der Hausnummer 32. Hier wächst ein Baum, der das Pflaster unangenehm angehoben hat (siehe Foto 6). Das ist nicht schön, aber Dank der guten Beleuchtung der Nadorster Straße für jeden nicht komplett blinden oder betrunken Radfahrenden (mit oder ohne Lastenfahrrad) mit etwas Geschick machbar – zumindest ist hier seit Jahren nichts passiert. Gott sei Dank! Anmerkung der Redaktion: Sie merken an den Hausnummern, wie kurz die Abstände zwischen den einzelnen Querungen sind. Teils sind das keine 25-30 Meter! Von kontinuierlich „protected“ kann also keine Rede sein.
Treten wir wieder in die Pedale: An Hausnummer 36 folgt dann schon die nächste Einfahrt / Querung. An der Hausnummer 38 (siehe Foto 4) folgt der nächste Baum, der sich unverschämterweise ins Straßenbild gedrängt hat. Ebenfalls eine kleine Herausforderung – aber auch ohne geländegängiges Bike zu schaffen. Weiter geht´s … nicht wirklich, denn die „geschützte Fahrradstraße“ endet hier an der Hausnummer 44 – natürlich nicht ohne vorher hier den Geschäftsleuten auch die Parkplätze zu nehmen (siehe Foto 5). 245 Meter mit 6 Querungen.

(Foto 4 ↑)

(Foto 5 ↑)

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(Foto 6 ↑)

Zurück zur Praxis, über die wohl niemand so richtig nachgedacht hat – oder nicht nachdenken will: Nun könnte man ja meinen, dass die Kundinnen auch alle zu Fuß kommen könnten – oder mit dem Rad. Doch werden sie das tun? Nein, ganz sicher nicht. Aber das ist noch nicht alles. Hat eigentlich mal jemand an die Anwohnenden gedacht? Wie sollen die das denn in Zukunft machen, wie z.B. soll ein- und ausgeladen werden? Wo sollen die Anwohnenden parken? Wo der Besuch? In der Linden- oder der Kriegerstraße ist bereits alles voll. Hintergrundstückparkplätze sind auch nicht in ausreichendem Maße vorhanden … Wir wagen eine Prognose: Das Ganze wird im Leben nicht funktionieren, die zu erwartenden Probleme mit Wildparkern (das wird kommen, da es z.B. zum Be- und Entladen gar nicht anders geht), mit der Straßenreinigung, der Müllentsorgung und sicherlich steigenden Unfallzahlen durch unverhältnismäßig viele Querungen führen das Projekt schon vor seinem Beginn ad absurdum – von den möglicherweise daraus resultierenden Insolvenzen oder Abwanderungen von Geschäften ganz zu schweigen.

Ja, es gibt in anderen Städten Protected Bikelanes, die funktionieren. Doch 245 Meter Nadorster Straße sind nicht Stockholm, Groningen oder Copenhagen. Dort hat man die Bikelanes mit Verkehrskonzept, Verstand und Augenmaß geplant und eingerichtet – und nicht wie in diesem Fall aus nicht zu Ende gedachtem Aktionismus. Fazit: Man muss konsternieren, dass hier wirklich eine laienhaft umgesetzte Symbol- & Klientelpolitik auf dem Rücken der Bürgerinnen und Kaufleute in Nadorst betrieben wird, die aber auch wirklich niemandem etwas nutzt. Nicht den Radfahrern, nicht der Stadt, nicht den Kaufleuten – und schon gar nicht dem Klima. Hier werden 35.000 € aus dem Fenster geworfen – für die man lieber 3500 Bäume (10 € pro Baum sollten passen) im Stadtgebiet hätte pflanzen können. Das wäre klimasinnvoller und langfristig nachhaltiger gewesen – denn Bäume bleiben und die Bikelane ist ja nur ein Provisorium, ein übereilter und unsinniger Test – da sie in ca. 2 Jahren, wenn die Nadorster Straße endlich neu und schön gemacht wird, eh wieder weggerissen wird …

Es bleibt zu hoffen, dass trotz des unsäglichen Beschlusses noch nicht Hopfen und Malz verloren ist und die umsetzende Verwaltung spätestens bei Beginn der Bauarbeiten feststellt, dass dieses Projekt eher einem Schildbürgerstreich nahekommt als einem wirklich sinnvollen Umwelt- & Klimaprojekt. Wir werden
sehen …


Text & Fotos: Die Nadorster e.V. Werbegemeinschaft